Ausflug nach Voss
Die Sonne hatte sich ihren Weg durch die Wolken erarbeitet. Es war noch früh am Morgen, da aber für die nächsten Tage wechselhaftes Wetter angesagt war, wollten wir
die Gelegenheit auch gleich nutzen, und die beiden Wasserfälle Tvinde- und Skjervsfoss am Vormittag im Sonnenlicht erleben. Zwar schoben sich immer wieder Haufenwolken vor dem strahlenden
Planeten, aber sie schaffte es immer wieder, eine Lücke zu erhaschen. Vielleicht hatten wir Glück.
So geschah es dann beim ersten Wasserfall, mutterseelenallein auf der breiten Straße. Er lag goldüberströmt in der frühen Sonne, die Gischt zeichnete einen schönen
Regenbogen. Jedes Detail musste eingefangen werden. Und ich hatte Platz, keiner drängelte sich ins Bild, stieß gegen das Stativ. Es waren optimale Bedingungen. Dann die Weiterfahrt nach Voss,
natürlich wieder mit Maut ohne Tunnelbenutzung. Schließlich waren wir auf der alten Straße in die Höhe gelangt. Ob uns am Tvindefoss das Glück auch nicht verließ? Gesagt, getan! Wir waren die
ersten Besucher, der Foss sonnte sich in den wärmenden Strahlen. Ich konnte mir die Kaskade in aller Ruhe aussuchen, die ich schließlich erklomm und auf dessen Grat ich fotografierte und filmte.
Doch die traute Ruhe währte nicht lange. Bus um Bus hielt am Parkplatz und gebar Scharen an Hobbyfotografen, die das Objekt der Begierde unbedingt auf den Sensor bannen wollte. Und natürlich
störte ich als Stativfotograf, da ich auf den kleinen Kaskaden sehr viel Platz einnahm. Gut, ich konnte warten, bis der ganze Trubel vorbei war, denn an Langzeitbelichtungen war nicht mehr zu
denken, wenn pausenlos ein Tourist vor der Linse herum hüpfte. Ein Costa-Schiff hatte in Bergen Halt gemacht und die Ausflügler nach Voss dachten sicher, mit dem Ticket auch das Vorrecht zum
Fotografieren erworben zu haben. Aber irgendwann ging der Spuk vorbei und ich hatte noch genügend Licht, meine Bilder zu arrangieren.
Nachmittags ging es dann nach Voss. Vor vier Jahren wollten wir schon einmal die Gondelbahn zum Hangur benutzen, aber damals war der Berggipfel im Nebel, also keine
freie Sicht. Heute sah es besser aus und wir gondelten nach oben. Die Aussicht war atemberaubend, die Freifläche des obigen Cafè’s lud zum Verweilen und Sonnenbaden ein. Dann erregten Paragleiter
unsere Aufmerksamkeit, die sich am Berghang zum Absprung bereit machten. Das wollten wir uns doch aus aller Nähe betrachten. Die Vorbereitung war sehr akribisch, jeder Faden wurde einzeln
kontrolliert. Und dann holten sie nach und nach Anlauf und sprangen in die Tiefe. Sicher ein majestätisches Gefühl, aber es kostet sicher einiges an Überwindung, diesen Schritt zu wagen. Wir
nehmen da doch lieber die Gondelbahn.
Voss eignet sich auch sehr schön zum Bummeln und Flanieren. In den zahlreichen Geschäften kann man sich vor Ort genau informieren, was in Norwegen gerade angesagt
ist, welche Kleidung für das Hochland zweckmäßig ist und was die bekannten Fotoprodukte hier in Voss kosten. Auch, wer wie Petra einfach nur ein Eis essen möchte, wird hier optimal bedient. Im
Sommerschlussverkauf erwarben wir uns noch preiswert wasserdichte Wanderhosen, die zwar sehr unseren modernen Arbeitshosen ähnelten, aber wir sahen im Husedal viele Norweger mit ihnen über die
nassen Wiesen stapfen und auch im Stadtbild von Voss kamen sie gehäuft als Alltagskleidung vor, besonders bei jungen Leuten. Da hatten wir auch tolle Hosen, wenn wir im heimischen Wald auf
Fotosafari gehen. Markenprodukte kosten das Dreifache. Auch diese Hosen waren früher nicht billig, aber im Sommerschlussverkauf auf ein Drittel reduziert, ein wahres Schnäppchen.
Im Anschluss besichtigten wir noch das berühmte Shopping-Center von Voss, das AMFI – Voss. Mehrere Boutiquen und Geschäfte waren in einem ansehnlichen Gebäude
zusammen gefasst. Mehr etwas zum Schlendern und Verweilen, nichts für uns Naturtouristen. Aber für die Einheimischen, die gern shoppen gehen, sicher ein schönes Erlebnis. Als die ersten
größeren Wolken aufzogen, waren wir schon auf dem Rückweg. Direkt hinter dem Tunnel schüttete es dann wirklich so heftig, dass der Scheibenwischer es kaum schaffte. Gut, dass der lange
Vallaviktunnel kam, der absolut regensicher ist. Und beim Blick auf den Sørfjord, der uns nach 7,5 km ereilte, lachte auch schon wieder die Sonne. So unterschiedlich kann das Wetter in den Tälern
sein.
Bemerkenswert, dass in dem Vallaviktunnel ein Kreisverkehr eingebaut wurde, der später einen direkten Zugang zur Hardangerbrücke besitzt. Auf diese geniale Idee
können nur die Norweger kommen. Ob das in Deutschland möglich wäre, ich bezweifle dies, bei unserem Wahn, dass etwas passieren kann. Allerdings blieben wir nicht lange vom Regen verschont. Kaum
hatten wir unsere Hütte erreicht, kam auch der Niederschlag langsam von Utne herüber und sollte uns die ganze Nacht nicht verlassen. Na dann, gute Nacht.